„Wir müssen wieder lauter werden“ MARITIM - Uwe Beckmeyer zu Gast bei Wilhelmshavener Wirtschafts- und Kulturkreis
WILHELMSHAVEN/BREMEN. (HL) Die „alten Strippenzieher“ unter sich: der pensionierte Wirtschaftsstaatssekretär Uwe Beckmeyer aus Bremerhaven war am Dienstag beim Wilhelmshavener Wirtschafts- und Kulturkreis um Detthold Aden und Wilfrid Adam zu Gast. Aden war viele Jahre Vorstandsvorsitzender der BLG, Adam als Landtagsabgeordneter auch im Hafenausschuss tätig. Beckmeyer kennen sie schon seit seiner Zeit als Wirtschaftssenator in Bremen, dann war er von 2002 bis 2018 Bundestagsabgeordneter und ab 2013 als Staatssekretär zugleich Maritimer Koordinator der Bundesregierung. „Er hat in dieser Zeit auch die Entwicklung des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven begleitet“, so Aden. „Deutschland ist die Verkehrsdrehscheibe Europas und eine intakte, zeitgemäße Infrastruktur deshalb von elementarer Bedeutung. Der Bund ist gefordert, die erforderlichen Investitionen finanziell zu unterlegen. Denn der Wohlstand in Europa hängt davon ganz wesentlich ab, dass wir in die Sanierung und den Ausbau unserer Infrastruktur investieren. Übrigens wäre das auch eine Investition in unsere Verteidigungsfähigkeit, wenn Truppen, Gerät und Material besser vorankommen“, betont Uwe Beckmeyer. Politische Lippenbekenntnisse allein reichten nicht. Zuletzt sei bei der Nationalen Maritimen Konferenz in Bremen deutlich geworden, dass nach der berechtigten Forderung der deutschen Seehäfen von jährlich 400 Millionen Euro für die Hafeninfrastruktur vom Bund keinerlei Zusagen kamen. „Uns fehlen heute die ,Fahnenträger’ aus den maritimen Branchen und der hafenaffinen Politik, die immer wieder ihre Position nachhaltig deutlich machen in den Ländern und beim Bund “, waren sich Beckmeyer, Aden und Adam einig. „Wir Küstenländer mit unserer maritimen Wirtschaft müssen wieder lauter werden, damit wir mit unseren Forderungen Gehör finden!“ Für den Jade-Weser-Port, an dem Bremen zur Hälfte beteiligt ist, sieht der Bremerhavener positive Entwicklungschancen, weil die großen Containerlinien sich nach und nach mit den ganz großen Containerschiffen aus Hamburg zurückziehen werden. Davon profitieren Bremerhaven und Wilhelmshaven, auch wenn gerade hier die sogenannte Loco-Quote schlecht sei. Damit wird der Anteil an importierten Gütern bezeichnet, der in der Region des jeweiligen Hafens verbleibt. „Bei einem weiteren Ausbau des Jade-Weser-Ports in der Zukunft warne ich ausdrücklich vor chinesischen Investoren an der Jade“, so Uwe Beckmeyer. „China strebt zu sehr in allem seine Dominanz an und betreibt gerade mit der ,neuen Seidenstraße’ Wirtschafts-Imperialismus in seiner schärfsten Form.“ Bei den Zukunftsthemen Wasserstoff und CO 2 müsse in Deutschland ergebnisoffener diskutiert werden, ist der Referent überzeugt. „Warum sollen wir zum Beispiel lange, teure Pipelines bis Norwegen verlegen, um dort unser CO 2 in den Meeresboden zu verpressen, wenn wir das auch in unserer eigenen ausschließlichen Wirtschaftszone machen könnten? Wir könnten sehr viel Geld sparen.“ Mit seinen Ausführungen zum Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (hieß wirklich so!) des Bundes von 2020 machte Beckmeyer als Präsident des Wirtschaftsverbandes Weser den ganzen Bürokratiewahnsinn in Deutschland deutlich. Mit dem MgvG sollten wichtige Verkehrsinfrastrukturprojekte wie die geplante Weseranpassung nicht mehr durch ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren, sondern durch Gesetz zugelassen werden. Letztlich wurde das umstrittene Gesetz „einkassiert“, weil es aus Sicht der EU-Kommission das Klagerecht von Einzelpersonen und Verbänden gegen Verkehrsprojekte zu stark eingeschränkt hat. „Jetzt soll das Planfeststellungsverfahren 2025 abgeschlossen sein. Die Baumaßnahmen selbst dürften dann in einem halben Jahre erledigt sein.“
Quelle: Wilhelmshavener Zeitung, Michael Halama